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Mo., 6. Januar 3000

Matze Schmidt

Playlist "Was ist ein informationelles UFO mit einer Tür, die ein Raumschiff ist?"

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Der Ökonom Raul Prebisch, beschreibt 1981 anhand marktwirtschatlicher, ökonomischer Konstellationen mit Fokus auf Lateinamerika die "Dynamik der Zentren" und in welcher Beziehung die Peripherie zum Zentrum steht. Er verweist auf die Technik als wesentlicher Motor dieser Dynamik, die er als "zentripetale Natur des Kapitalismus" beschreibt, wie sie abhängig ist von den Interessen der herrschenden Gruppen in den Zentren:

#Raul Prebisch. "Die lateinamerikanische Peripherie im globalen System des Kapitalismus". in: _Der Lange Kampf Lateinamerikas_. Angel Rama (Hg.). Frankfurt am Main: Suhrkamp, 1982. S. 396 Abs. 2.
"Eine Rolle ersten Ranges spielt )dabei( die Technik ..."#

Dieses Modell des Zentrums und der Peripherie, dem Inneren und dem Rand, oder - entsprechend einem Thema, das sich mit dem Komplex Raumschiffe-UFOs-Wahrnehmung-Information beschäftigt - das Modell (ästhetischer) Staat und (ästhetische) Subversion wird zunehmend als veraltet angesehen. In ihrem Buch _Mainstream der Minderheiten: Pop in der Kontrollgesellschaft_ entwickeln Tom Holert und Mark Terkessidis zus. mit a. Autoren eine komplexe Recherche, mit der sie zeigen, daß der Underground immer Garant für eine erfolgreiche Revitalisierung der kapitalakkumulativen Massengeschmackskultur ist. Auf ihrem 1979er Livealbum _Live Killers_ führt die Rockgruppe _Queen_ mit einem Standardeffekt vor, wie das polare Modell "hier & da" manipulierbar gemacht werden kann, mit dem Delay oder Echeoeffekt kann die Stimme des Sängers Freddy Mercury (Nachnahme "Quecksilber" !) in dem Stück " Now I'm Here" auf der einen und dann lichtschnell auf der anderen Stereokanalseite respektive Bühnenseite erschallen, "Now I'm here /Now I'm there". In einem Werbeprospekt für die Kooperation einer Hochschule mit der lokalen Wirtschaft steht:

#_Wissenschaft und Region_. Werbeprospekt. Kassel: Kasseler Hochschulbund, 2001.
"Mit den Möglichkeiten der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien ...."#

Wissensproduktion, Wissensmanagement, »informationelle Power« takten demnach gesellschaftliche Bewegungen und nicht mehr topografische Prämissen. Bei aller Skepsis, die sich mit dem neuen Paradigma "Informationsgesellschaft" ergeben haben soll - in dem Satz aus dem Prospekt wird erst der Faktor "Standort" argumentativ geschwächt, um ihn dann sofort, verwandelt in eine größere Einheit, wieder einzusetzen (: "Standort unwichtig", "Fähigkeit einer Region") - kann der Umstand der Immaterialitäten, nämlich Wissen, nämlich Information operationabel gemacht werden. Immaterialitäten sind modulierbar, transformierbar, transformbar. Man kennt diese Technik u.a. von den Spielzeugfiguren, den sog. "Transformern"

Wenn technische Medien, wie etwa die Akustik, zeigen wie die Vorstellungen physikalischer, ökonomischer, gesellschaftlicher Topologien/Topografien innerhalb neuer Vorstellungen (Shows) gestaltbar werden, dann sind damit die Logien und Grafien noch nicht aufgehoben, aber sie bekommen eine neue Qualität, oder sie transformieren während ihrer Umdefinition.

UFOs haben unbegerenzte Reichweite, ihr "Impact" ist je nach Bedarf
uneinsehbar oder massenmedial: das wäre das Ideal. Raumschiffe aber,
gehören sie einer anderen Kategorie an? Das wäre die wissenschaftliche
Frage. Ihre transformatorischen Effekte sind in Modelle der Vertikalität,
des verlassenen Orbits, der Satellitensysteme, der Ekstase, der Rückkehr,
dem Anderen, dem Rätsel usw. eingeschrieben.

Vertikalität betrifft z.B. die Form Overground-Underground, das Verlassen des Orbits betrifft z.B. Extraterritorialität, Satellitensysteme betrifft Dezentralisierung, Ekstase betrifft z.B. Drogen, Rückkehr betrifft die Intraterritorialität, das Andere betrifft den Alien, das Rätsel betrifft UFOs.

Die Unterscheidung in UFOs und Raumschiffe ist die Frage nach der Identität und Identifizierung. Identität gilt z.B. im bürgerlichen Sinn des Staates als nicht transformierbar oder nur in sehr seltenen Ausnahmefällen. Eine Definition von UFO lautet: ein UFO ist ein Objekt, das nicht identifizierbar ist, keine Referenz außer sich selbst hat, es ist mit sich selbst identisch. Ein Raumschiff ist identifizierbar durch die Institution der Kontrolle über es durch den kennbaren Autor, durch die Institution seiner Betreiber. Ein UFO hat keinen erkennbaren Autor. Ein Raumschiff kann kein UFO sein. Ein UFO ist im Umkehrschluß aber nicht automatisch kein Raumschiff. UFOs sind die tradierten Objekte des Unbennenbaren, oder Unbekannten. Das Unbenennbare ist, vom Zentrum her gedacht, Kennzeichen für alles dem Zentrum Äußere. Raumschiffe starten vom Zentrum - der Industrialisierung, dem "Fortschritt", der Wissenschaft, dem Wettlauf usw. - aus, UFOs kommen von Außen, dem Unbekannten, Unheimlichen. Metaphorische Strategien der Nicht- und Identifizierbarkeit.

#Brian Eno. _Apollo: Atmospheres and Soundtracks_, 1983. #track? MP3?#

Aber, "was ist ein informationelles UFO mit einer Tür, die ein Raumschiff ist?"

#Stefan Aust. _Der Baader-Meinhof-Komplex_. München: Knaur, 1989 (Hamburg: Hoffmann und Campe, 1985). S. 151 Abs. 2.#

UFOs mit informationellem Charakter verhalten sich wie Guerilla (vgl. Neo-Zapatisten 1990er Jahre), oder anders, Guerillas verhalten sich wie UFOs, sie streuen Informationen, regen zur Produktion von Informationen über sie an. Wenn UFOs eine Tür haben, also einen Input, dann sind sie systemisch irgendwo offen, diese Tür kann dann unabhängig vom 'eigentlichen' UFO genutzt werden, als Eintritt in die Entität UFO, das zum Raumschiff werden kann. Das Unbekannte wird hierbei also transformiert in etwas Neues, Bekanntes, aber vielleicht nicht, indem das Unbekannte in das Bekannte integriert oder transformiert wird, und vielleicht auch nicht umgekehrt, indem das Bekannte in das Unbekannte integriert oder transformiert wird. Das wäre vielleicht garnicht möglich, weil UFOs und Raumschiffe an ihren Potentialen (außerirdisch Fliegen) gemessen werden. UFOs bilden jedoch, und das ist ihre primäre Funktion, wie Raumschiffe ihren eigenen (architektonischen) Innen-Raum, dann erst überschreiten sie Außenraum. Es wird bei dieser Performance wahrscheinlich etwas drittes gebildet, etwas das als Dritter Raum bekannt ist, eine "Interzone" (Burroughs).

Der lateinamerikanische Fokus, seine Situation ist insofern historisch interessant, weil seine Bezugspersonen und Bezugsverhältnisse in den 1960er Jahren bestimmte Koinzidenzen zulassen: Che Guevara, sozialistischer Revolutionär in Kuba usw. war (wenn auch nicht der gleiche Jahrgang) Zeitgenosse von Jimi Hendrix. Der Start der Apollo-Rakete 1969 für die Mondlandung fällt zeitlich in den Beginn des antikapitalistischen Studentenprotestes in der Bundesrepublik Deutschland. Unterstellt man eine Parallele dieser Ereignisse und Prozesse über den zeitlichen Rahmen hinaus, etwa indem man annimmt, das Raumfahrtprogramm der USA sei direkte Folge des "Kalten Kriegs" und des Anspruchs der Kapitalistischen Welt auf technologische Vorherrschaft im Projektionsraum Weltraum, dann wird, besonders auch auf der Folie der damals allgemein fluktuierenden Techno-Esoterischen Metaphern wie "Space", "Trip" etc., die begriffliche Kombination von HighTech und Subkultur, wie sie später in der Kalifornischen Cyberkultur wichtige Triebkraft wurde, evident. Die LSD-induzierte Bewußtseins-und-Sozialerweiterungs-orientierte Avantgarde der Bohemiens in San Franzisko (und anderswo in den USA) Ende der 1960er Jahre läßt sich in den Publikationen und Projekten der Cyberkultur der 1990er Jahre fortschreiben (#u.a. Ken Kesey-Greatful Dead-John Berry Barlow#).

Die Fragestellungen und geschichtlichen Linien und Felder auf den eine Rekonstruktion und Lektüre dieser Zeit sich bewegen kann binden Wahrnehmungstheoretisches und Technologisches mit dem Politischen. Wahrnehmung läßt sich gut an Drogentechniken aufarbeiten, der Ekstase kommt dabei eine dialektische Schlüsselrolle zu. Das Heraustreten innerhalb der Wahrnehmung aus ihr wird mit dem Heraustreten aus den sozialen Konstrukten des Alltags in ihm bis zur Fantasie des "Paralleluniversum" gepflegt. Wo gibt es informationelle UFOs mit einer Tür, die ein Raumschiff ist? Wie kann es solche UFOs mit dieser Tür geben?


"UFA (Unidentified Flying Abject)


Achtung! Achtung! Sie betreten jetzt extraterrestrisches Gebiet.

"Stadtmarketing"

UFOs kommen und gehen. Sie bleiben 30 - 40 Jahre vielleicht, aber dann verschwinden sie - wie Kinos, Shoppingmalls, Dikaturen und Themenparks oder Konzerte.
Ihr Als-Ob-Charakter befiehlt ihnen, wieder zu verschwinden. Ja, ihnen 'entzieht' sich etwas, sie sind entzogen, weil sie als Unterhaltungs-Zentrum privaten, konsumistischen, und zugleich illusorischen Raum eröffnen und damit Exklusion und Inklusion betreiben. Sie entziehen sich DEM Raum. Ihre Funktion ist die der Illumination von Erzählungen.
Sie sind keine Objekte mehr, denen wir als Subjekte gegenüber stehen, um sie zu besitzen oder zu verlieren. Sie sind 'in Wahrheit' UFAs, Unidentified Flying Abjects, Nichtidentifizierte Fliegende Abjekte.

"Wiederbelebung der Innenstadt"

Das Abjekt ist das Ekelhafte, das, was wir loswerden wollen, was man loswerden muß, was losgeworden wird, die Scheisse.

»Es geht jetzt darum, den Kampf gegen die UFAs zu führen, um sie loszuwerden!«

ufaufo.gif"

Den Raumschiffe sind Schiffe im Raum, aber auch Raum-Schiffe, d.h. sie transportieren Raum, mediatisieren ihn und veraendern den Kontetx ihres Umraums.

"Negative Anthropologie
sprengt den Systemzwang noch dort, wo dieser nicht weiß, was ihm ob seiner
vorgeblichen Vollständigkeit entgeht: "Den fliegenden Untertassen fehlt es nicht an
Erklärungen, sondern an Tassen." " (Georg Christoph Tholen. "Querdenken. Lesesplitter zu den unabgegoltenen Motiven im Werk Ulrich Sonnemanns." 19??)


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Last modified: Di., 08.07.2003 0:15