http://www.n0name.de/3000/do2003.html

Do., 20. Maerz 3000

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Transformationsprozesse werden wuenschend beschworen

"Transformationsprozesse einer dematerialisierten Kultur fuehren zur Demokratisierung und Steigerung der Umlaufgeschwindigkeit des Wissens." (FILE Internationales Fest Elektronischer Sprache. konzeption.hmtl . [16.04.2001].)

und neue habituelle Verhaltensweisen der Medienproduzenten werden ausgemacht,

"Digital Behaviour" (_Digital Behaviour_. Prospekt, Mai 2002. http://www.digi-b.org .)

deren sozialer Einfluss genealogisch-generativ, generationsbildend wirkt

"Digitale Medien gewinnen eine vorrangige Bedeutung fuer die junge Kuenstlergeneration" (_No Mad's Land: Zeitgenoessische Kunst aus Zentralasien 15.3.-20.5.02_. Ausstellungs-Prospekt. Berlin: Haus der Kulturen der Welt, Februar 2002.) .

Mann koennte von einer sich durchsetzenden, gewohnheitspraktischen "Lex Informatica" sprechen, deren Bewegung vielleicht eine Alice-im-Wunderland-Bewegung ist, von einer Alice, die das Wunderland in die sog. Realwelt mitnimmt, um Markt (und Marktfaehigkeit) irgendwie zu entmonopolisieren, zu demokratisieren, zu flexibilisieren, um Markt zu reformieren, im Sinn einer neuen Gesellschaftsform mit einem reformierten Staat als Garant:

"(...)

Kürzlich hat [Lawrence Lessig] einen Vortrag gehalten mit dem schönen Titel : Open
Code and Open Societies: Values of Internet Governance[1]. Er erzählt
darin von einem Dialog mit seinem jungen Assistenten Joe Reagle. (...)

Du lehrst doch die impliziten Werte unser Verfassungstradition, sagt
Joe Reagle eines Tages. Du argumentierst immer wieder, daß wir diese
Werte der Verfasung, wie etwa die Meinungsfreiheit, in den Cyberspace
übertragen müssen. Wie steht es aber mir den #Werten, die der Tradition
des Internet zugrunde liegen? Warum sollten wir nicht diese Werte
identifizieren und auf die reale Welt übertragen?#

(...) Joe Reagle
stellt in Wahrheit die #Machtfrage#. (...)

Dabei ist es möglicherweise aussichtsreich, die Werte, die das
Internet und Open Source erfolgreich gemacht haben, der Modellierung
künftiger Regularien zugrunde zu legen.

In dieser Sicht ist das Internet und Open Source ein Modell der
Informationsgesellschaft.

(...) Regulierung durch Code oder Lex Informatica

Die Umkehrung der Fragestellung also: Tradition und Realität des
Cyberspace kann dem Recht etwas erzählen. (...)

(...)

Zunächst zur Modellierung. Es ist wohl allgemein bekannt, daß das
Recht reguliert, es ist ein Regulierungssystem.

(...)

Es reguliert innerhalb eines gesetzten Rahmens - dem
physikalischen Territorium

Die Regulierungsinhalte oder -instrumente sind Vorschriften wie
Gesetze, Verordnungen, oder Gerichtsurteile

Es gibt Regeln, die sich anpassen lassen, beispielsweise der
Vertrag

Diese können durch verschiedene Anpassungsverfahren und mit
verschiedenen Kosten angepaßt werden: entweder auf implizite
Weise (z.B. beim Einkauf im Supermarkt), mithilfe von
Standardverträgen (Arbeits-, Kauf-, Dienst- oder Werkvertrag),
oder durch individuelle Aushandlung auf die jeweiligen
Bedürfnisse zugeschnitten werden.

Die hauptsächliche Durchsetzung erfolgt durch Gerichte mit der
staatlichen Exekutive im Hintergrund.

Quelle, wie wohl gemeinhin bekannt, ist der Staat.

(...)

#Das wichtigste Regulierungssystem im Cyberspace ist der Code -
Software, Protokolle und Standards.#

Der Code bestimmt, was man auf seinem Computer oder im Internet machen
kann und was nicht, bestimmt und begrenzt die Möglichkeiten der
Nutzung. Man bezeichnet dieses Regulierungssystem auch als #Lex
Informatica#
[2] (...)

Der Rahmen: Selbstverständlich das Netzwerk

Die Inhalte: Dies sind die technischen Möglichkeiten, die der
Code vorgibt, und die Praktiken, die von diesen Möglichkeiten
benutzt werden.

Ein Beispiel: Das HTTP-Protokoll gibt vor, auf welche Weise durch ihn
kommuniziert werden kann: Es reguliert - zusammen mit der Software,
also dem Apache-Server - die spezifischen Möglichkeiten dieses
Dienstes.

Aber sicher werden nicht alle Möglichkeiten, die das Protokoll bietet,
auch genutzt werden. Vielleicht implementiert der Apache-Server
bestimmte Protokollelemente nicht, da sie sowieso keiner benutzt.
Technische Fähigkeiten und Gewohnheitspraktiken also.

Auch der Code läßt sich - soweit vorgegeben - anpassen an die
jeweiligen Bedingungen. Alle Computernutzer werden dies kennen:
Voreinstellungen von Programmen, Service Packs und Makefiles,
Systemerweiterungen oder Nutzerpräferenzen: Hier werden die
Regeln des Codes von Benutzer, durch Standardkonfiguration oder
bei der Installation angepaßt.

Die hauptsächliche Durchsetzung erfolgt unmittelbar. Wenn ein
Browser keine Einstellung bietet, die Cookies abzuschalten, so
wird diese Regel einfach durchgesetzt (...)

Und schließlich eine wichtige Konsequenz dieses Modells der Lex
Informatica: #Die Quelle der Regulierungen, die Regulierer in
diesem System sind Informatiker, 'Techno-Geeks', und Nutzer.#

Sie bestimmen über die technischen Fähigkeiten der Software,
Möglichkeiten und Optionen von Standards und Protokollen, und die
jeweiligen Anpassungen - Einstellungen ihrer Software.

Meine erste Anregung also - Lex Informatica, und Sie selber sind
Regulierer.

(...)

Hier ist die zweite Anregung, die ich Ihnen heute nahebringen möchte:
Diese Werte des Cyberspace, der Lex Informatica, stehen hinter dem
Erfolg des Internets, der Open Source-Bewegung.

(...)

1.Die Open Source Initiative arbeitet zur Zeit an einer Open Source
Definition[3], die so etwas wie die Essenz der
verschiedenen Lizenzen darstellt.

Darin habe ich eine Regel gefunden, die diesen ersten Wert für
deren Zwecke so faßt:

No Discrimination Against Fields of
Endeavor
[4]

Eine Open Source soll man lesen, studieren, kopieren,
modifizieren und weiterentwickeln können, ohne auf irgendein
Anwendungsgebiet beschränkt zu sein. Niemand darf die Zwecke
bestimmen, für die die Software benutzt oder weiterentwickelt
wird.

Lessig nennt dies #"Open Forking"#[5], also Offenheit des Codes,
sich in beliebige Richtungen zu verzweigen.

Und dieser Wert ist auch im Internet zu finden, z.B. bei den
Sourcen von HTML-Seiten, die beliebig angesehen, kopiert,
modifiziert und weiterverwendet werden können.

(...) ein Grundwert der Open Source.

Eine Bedingung für diesen Wert ist es aber zum Beispiel - das
sprach Dirk Hohndel (SuSE) gestern nebenbei an -, daß zu einem
'genialen Code' auch eine 'anfängerverständliche Dokumentation,
Kommentare' gehören. Je klarer der Code, desto mehr können ihn
verzweigen, desto stärker kann dieser Wert durchgesetzt werden.

(...)

So Claus Kalle über die Arbeit der Internet-Gremien (Internet
Engineering Task Force, IETF):

"Nur interoperierende, funktionierende
Implementationen zählen"

Und Kalle Dalheimer zum Projekt KDE:

"Projektleiter ist nicht der mit dem höchsten akademischen
Grad, längste Zugehörigkeit oder lautestes Mundwerk,
sondern der beste Entwickler"

Dahinter steckt ein ganz zentraler Wert der Open Source, des
Cyberspace und vielleicht sogar für eine wie auch immer geartete
<<Informationsgesellschaft>>:

Nicht durch akademischen Grad, Seniorität, lautes Mundwerk, nicht
durch königliche Geburt, formale Verfahren, oder Wahlen wird man
Projektleiter.

Jeder darf teilnehmen, mitmachen. Und die #Autorität gewinnt man
durch die funktionierende Implementation#
, durch "running code",
als bester Entwickler.

Der Wert ist also, daß jeder - ungeachtet seines Standes - durch
seine Arbeit an Reputation, an Autorität gewinnen kann. Die
Offenheit, daß jeder einen Beitrag leisten kann, und daß er nur
danach bewertet wird und Autorität, Vertrauenswürdigkeit
erlangt.[6]

(...)

Aber wie man gesehen hat, gibt es mit der Lex Informatica ein
gleichrangiges Regulierungssystem. Sie besitzt Grundwerte, hat
Verfahren und Regulierer.

Verfolgt man diesem Gedanken weiter, so muß das Verhältnis zwischen
Cyberspace und Recht - und die Ökonomie als Dritten im Bunde - neu
bestimmt, neu erstritten werden.

Die Lösung:
#Internet Governance statt starrer rechtlicher Regularien#

Wesentlich für den Erfolg von #LINUX# und anderer freier Software ist
das Entwicklungsmodell. Der finnische Student Linus Torvalds, der die
Entwicklung von LINUX 1991 angestoßen hat, beteiligte von Anfang an
eine Vielzahl von Fachleuten, die natürlich über das Internet
miteinander verbunden waren, in aller Welt an der Programmentwicklung.
Entstanden ist so ein "riesiges Unternehmen ohne Mauern, ohne
Aktionäre, ohne Gehälter, ohne Werbung und Einkommen" (Le Monde), ein
Unternehmen, das mit einer einfachen Methode das Produkt immer besser
gemacht hat: Jeder macht Anstalten, LINUX zu verbessern und jeder
bekommt das bessere Ergebnis zurück.

Offensichtlich werden so große Werte erzielt, die aber mit Geld
nichts, oder doch praktisch nichts zu tun haben. (...)

In diesem ökonomischen Mikrokosmos führt also minimaler Einsatz von
Ressourcen (Assistentengehalt, Transaktionskosten im Internet) zu
einem maximalen Ergebnis. Im Gegensatz dazu entwickelt Microsoft als
absoluter Marktführer und Quasi-Monopolist mit hohem Kapitaleinsatz
Produkte, die in ihrer Qualität vermutlich sogar schlechter sind. Man
kann sagen, daß dieses Entwicklungsmodell der Open Source-Bewegung auf
#alternative Entwicklungspfade# in der Marktwirtschaft verweist und
vielleicht deshalb von der Fachöffentlichkeit noch nicht zur Kenntnis
genommen wird. Statt dessen ist diese Fachöffentlichkeit von Ökonomen
und Juristen im Bündnis mit der deutschen und europäischen Politik
dabei, die Entwicklungsstrategie von Microsoft & Co mit Hilfe des
Urheberrechts zu verfestigen.

#Das klassische Urheberrecht ist in seiner ökonomischen Wirkung ein
temporäres Monopolrecht.#
Durch gezielte Wettbewerbsbeschränkungen, die
dem Schöpfer geistiger Werke eingeräumt werden, will man Wettbewerb
ermöglichen. Der europäische Gesetzgeber und in seinem Gefolge
Deutschland haben schon früh die ökonomische Relevanz der Informatik
mit ihren Produkten erkannt und entsprechende Regelungen erlassen:
Eine Computerprogramm-Richtlinie; eine Vermietrechts-Richtlinie,
Kabel- und Satelliten-Richtlinie, Schutzdauer-Richtlinie und
Datenbank-Richtlinie; eine Richtlinie, die den Rahmen für das
europäische Urheberrecht setzen will, ist in der Diskussion. #Das
ökonomische Modell dieser Konzepte unterstellt, daß Geist eine knappe
Ressource ist#
, dessen Entfaltung durch besondere
Wettbewerbsbeschränkungen geschützt werden muß. Im klassischen Konzept
mußten geistige Werke eine bestimmte "Schöpfungshöhe" vorweisen
können, um in den Genuß der urheberrechtlichen Monopolrechte zu
kommen. Inzwischen ist diese Einschränkung weitgehend aufgegeben
worden, insb. im sog. sui generis Schutz von Datenbanken, der durch
das neue Informations- und Kommunikationsdienstegesetz (IuKDG) des
Bundes schon in deutsches Recht umgesetzt wurde. Ein prinzipieller
Unterschied zwischen einem Autor wie Goethe mit seinem Faust und einer
Firma, die ein Telefonbuch herausgibt, wird nicht mehr gemacht. Diese
Regelungen haben für das Internet - der Basisstruktur der
Informationsgesellschaft - nachgerade absurde Konsequenzen: Fast jede
Sammlung von Hyperlinks und die meisten Zusammenstellungen von
Informationen aus Homepages unterstehen damit dem Schutzregime des
seit 1. Januar 1998 geltenden Urheberrechts. Es gewährt dem
Datenbankhersteller etwa ein 15 Jahre währendes Recht, die Datenbank
zu verändern, zu vervielfältigen etc. Mir kommt es hier weniger auf
den verfassungsrechtlichen Gehalt dieser Regularie an, denn man könnte
mit guten Gründen einen Verstoß gegen die Informationsfreiheit
annehmen. Wichtig ist mir der Hinweis auf das problematische
ökonomische Modell, das diese Regularien abbilden. #Urheberrechte sind
geschichtlich entstanden aus dem stetigen Kampf der Schöpfer geistiger
Werke gegen die Willkür des jeweiligen Souveräns.#
Autoren sollten ihre
Rechte aus sich selbst erhalten und mit ihren Werken auch verdienen
können. Am Ende dieses Kampfes stand 1883 die Berner Übereinkunft zum
Schutz von Werken der Literatur und Kunst, die das Prinzip freien
geistigen Schaffens weltweit legitimierte und ökonomisch hoffähig
machte.

Die erwähnten Richtlinien und Gesetze haben nun diesen Ansatz nach der
Formel Onlinerecht = Offlinerecht im großen und ganzen unverändert auf
Software, Netze und Datenbanken übertragen. Es gibt jetzt aus der
Sicht des Urheberrechts keinen prinzipiellen Unterschied mehr zwischen
Goethes Faust, dem WINDOWS NT-Betriebssystem und einer strukturierten
Linksammlung auf meiner Homepage. Vor einer solchen Entwicklung hatte
der Supreme Court der Vereinigten Staaten in seiner berühmten
"Feist-Entscheidung"[7] von 1991 noch gewarnt. Der Einsatz von noch
soviel Kapital für die Entwicklung eines Produktes könne keine
Rechtfertigung für die Begründung von Urheberrechten sein.

Die aktuelle Rechtsentwicklung in der Welt hat zwar diese Warnung
außer acht gelassen, doch zeigt ein so hochrangiges Votum immerhin,
daß auch andere Fachleute eine grundlegende systemische
Fehlentwicklung befürchten. Dabei ist die ökonomische Rationalität der
Supreme Court-Entscheidung offensichtlich. Der Wettbewerb um immer
höhere Qualität muß nicht durch Urheberrechte geschützt werden. Im
Gegenteil: Hohe Qualität wird durch Urheberrechte verhindert. Wo es
unbillig zugeht, kann Lauterkeitsrecht oder irgendein anderes neues
Rechtsgebiet Abhilfe schaffen. (...)

Man erkennt an diesem Beispiel, daß es sich bei den unterschiedlichen
Entwicklungsstrategien von Open Source und beispielsweise Microsoft
nicht um den allseits bekannten Kampf Marktwirtschaft gegen staatlich
regulierte Wirtschaft handelt, denn beide Strategien können
miteinander verbunden werden. Ob diese Verbindung die zukunftsweisende
Variante ist, läßt sich gegenwärtig nicht beweisen. Ich neige dazu,
sie zu bejahen: Denn #die LINUX-Entwickler und viele andere moderne
Unternehmen haben ein entscheidendes Moment der
Informationsgesellschaft besser als andere verstanden und umgesetzt.
Das Netz wird nicht nur zur Datenübertragung genutzt wie beim
herkömmlichen Geschäftsverkehr, sondern seine dezentrale Struktur ist
Moment der Produktion von Dienstleistungen selber. In diesem Sinne ist
das Netz der Markt, ein Markt, den die vielen Menschen auf der Welt
bilden.#
Natürlich wird dieser Markt wie andere auch ohne Regeln nicht
funktionieren können.

Es gibt aber gute Gründe für die Annahme, #daß klassische
Regulierungsansätze dieser neuen Wirklichkeit nicht mehr gerecht
werden.#
In der internationalen Diskussion ist es üblich geworden, die
nötige andere Sicht durch den Begriff Internet Governance
auszudrücken. Dieser Begriff betont die weichen Übergänge zwischen
verschiedenen Regulierungstypen, sieht Selbstregulationsmechanismen
und Lex Informatica vor und legt geringeren Wert auf rechtliche
Regeln. Deutschland und die Europäische Union täten gut daran, diese
Philosophie mindestens solange zu übernehmen, wie das Netz sich in der
augenblicklichen Dynamik entwickelt. Hierfür gibt es nicht nur
ökonomische Gründe - die Menschen, die schon in der
Informationsgesellschaft angekommen sind, sind nicht mehr die
gleichen, die die Industriegesellschaft am Laufen gehalten haben.

(...)

Die Werte der Open Source-Bewegung haben sich deshalb durchgesetzt,
weil sie eine adäquate Antwort auf die Organisation der von mir aus so
zu nennenden Informationsgesellschaft sind. #Open Source ist die
richtige und zukunftweisende Antwort auf einen neuen Gesellschaftstyp.#

(...)

Wenn aber, wie wir behaupten, Open Source Pate stehen kann und soll
für das Modell von Gesellschaft überhaupt, dann muß der kozeptionelle
Rahmen der Betrachtung erweitert werden. Es geht [nicht] nur um die
Offenlegung von irgendwelchen Programmsourcen. Es geht um das Prinzip
der Offenheit in modernen Demokratien insgesamt. Wieder kann man von
Lessig lernen, was Offenheit in diesem weiten Sinne zumindest
beinhalten muß:

Natürlich Open Source, oder Open Code, wie er es nennt.

Darüberhinaus aber:

#Open Governance#
#Open Education#
#Open Content #
#Open Security#

(...)

#Open Law#.

So ungefähr müßte eine juristische Programmatik von Open Source
aussehen.

In Deutschland sind wir noch Lichtjahre von einem solchen Ansatz
entfernt. Es lohnt sich also, Lawrence Lessig im Berkman Center for
Internet and Society der Harvard Law School einmal zu besuchen.

Lessig und wir haben ein weiteres Anliegen gemeinsam:

Manche Netzaktivisten, der frühe Barlow etwa[8], neigen dazu, die
eigenen Positionen zu überschätzen. Keine noch so gute offen gelegte
Software wird je in der Lage sein, die Unterschiede von arm und reich,
von gerecht und ungerecht abzuschaffen. Immer muß der Schutz der
Schwachen organisiert werden. Das müssen spezielle Agenten übernehmen.
Es gibt viele gute Gründe, dem Staat, vor allem dem deutschen Staat
insoweit eher zu mißtrauen. Falls wir aber zur Auffassung gelangen,
daß manche Werte vom Staat am ehesten geschützt werden sollten,
sollten wir nicht zögern, den Staat mit dem Schutz dieser Werte zu
beauftragen.

Wir wissen jetzt genug, um eine Prognose zu wagen: Dieser Staat ist
nicht mehr der alte Macho und Hierarch, dem unsere Eltern noch
zugejubelt haben. Er kooperiert mit uns in einem Geflecht, für dessen
Stabilität Informatiker und Techno-Geeks verantwortlich sind. (...)


Literatur

Barlow, John Perry 1996:
Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace v. 8.2.1996. Deutsche
Übersetzung unter
http://www.heise.de/TP/issue196/terminal/1028/fhome.htm,
30.5.1996.
Cyberspace und der amerikanische Traum 1995:
Auf dem Weg zur elektronischen Nachbarschaft: Eine Magna Charta
für das Zeitalter des Wissens. In: Frankfurter Allgemeine Zeitung
v. 26.8.1995; das englische Original v. 22.8.1994 z.B. unter
http://TownHall.com/pff/position.html, 15.4.1995.
Lessig, Lawrence 1998:
The Law of the Horse: What Cyberlaw Might Teach.
http://cyber.law.harvard.edu/works/lessig/LNC_Q_D2.PDF,
11.3.1999.
Lessig, Lawrence 1999a:
Open Code and Open Societies: Values of Internet Governance.
Draft 2. http://cyber.law.harvard.edu/works/lessig/kent.pdf,
11.3.1999.
Lessig, Lawrence 1999b:
The Limits in Open Code: Regulatory Standards and the Future of
the Net. http://cyber.law.harvard.edu/works/lessig/BerkPub.pdf,
10.7.1999.
Lutterbeck, Bernd 1998:
Das Netz ist der Markt. Governance in der Onlineökonomie. In: Das
Parlament v. 25.9.1998.
Reidenberg, Joel R. 1998:
Lex Informatica: The Formulation of Information Policy Rules
through Technology. In: Texas Law Review, Vol. 76 No. 3 (February
1998), pp.553-593.


Fußnoten

[1] Lessig 1999a.

[2] Reidenberg 1998. Die Tabelle ebd., S. 569, Übertragung ins Deutsch
und Erweiterungen durch die Autoren.

[3] The Open Source Definition, http://www.opensource.org/osd.html,
15.7.1999 (Version 1.4)

[4] The Open Source Definition (V. 1.4), Artikel 6.

[5] Lessig 1999a, S. 9f.

[6] Lessig bezeichnet diesen Wert als "Universal Standing"; vgl.
Lessig 1999a, S. 12f.

[7] Feist v. Rural Telephone Service, U.S. Supreme Court-Entscheidung
v. 27.3.1991, 499 U.S. 340 (1991),
http://laws.findlaw.com/US/499/340.html

[8] Vgl. Barlows allgemein bekannte "Unabhängigkeitserklärung des
Cyberspace von 1996 und - immer noch bemerkenswert - die von Toffler
u.a. herausgegebene "Magna Charta des Wissens". "

(Kei Ishii & Bernd Lutterbeck
Technische Universität Berlin
Forschungsgruppe Internet Governance
17. Juli 1999
From: "Volker Grassmuck" <h0724elw suncom.rz.hu-berlin.de>
To: wos mikrolisten.de [Wizards of OS Mailinglist]
Date: Sat, 31 Jul 1999 04:53:35 +2
Subject: [WOS] de: Vortrag Lutterbeck/Ishii
Sender: <majordomo openoffice.de>)


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