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Di., 13. Mai 3000

Matze Schmidt (15.01.2003)

Vorschlag fuer 1 Vortrag im Rahmen des internationalen Kongresses der Bad
Emser Medienkunsttage 2003

Abstract


»Gadgets Play«

Umdeutungen und Umstrukturierungen sind nicht dasselbe. Waehrend das erste
Prinzip auf der symbolisch/symbolisierenden Ebene arbeitet - dadaistisch,
mit Fakes und Faelschungen, bietet das zweite die Reprogrammierung als
reellem Impact auf algorithmische Ablaeufe und Strukturen. Beide aber
gehoeren gleichen Prozessen der Diskursbildung an, welche man als
aktionistische bezeichen kann (vgl. Graffity, siehe Culture Jamming und
Hacking bzw. Cracking) und die aus intersubjektiven und zugleich
machtbesetzten Kommunikationsfeldern ein Produktivverhaeltniss macht. Die
Produktion des Wunsches und der eingeloesten und nichteingeloesten, und
somit immer wieder verschobenen Erfuellungen des Wunsches, laesst sich im
subversiven Spiel mit den Bedingungen und Moeglichkeiten von Objekten und
Systemen der "Consumer Electronics" (Mobiltelefonen, Game Boy) ablesen.

Dieses "Gadgets Play" zielt auf moegliche friktionale Beziehungen auf den
Layers und Levels eines kartografisch-raeumlichen Verstaendnisses der
technischen Medien, ihren Verknuepfungen und ihren Peripherien. Geht man
von 'einem' medialen Raum aus, der sich im Plural, desintegriert und
multipel verhaelt, also mediale RaeumE ist - und nie dem Monopol totaler
Kontrolle und Konvergenz unterliegt -, koennen von Akteuren in
aufzusuchenden Zwischenraeumen (Nischen, Schnittstellen) Praktiken
entwickelt werden, die der Bedienung eines herrschaftlichen Diskurses als
Client widersprechen. Im Raum der medialen Raeume existieren
"Spiele-Intervalle", die sich mit der positiven exploitierbaren Karte des
Raums nicht decken, aber eine ihrer Konstituenten sind.

2002 waren WLANs (Wireless Local Area Networks) das prominenteste Beispiel
fuer die Selbstorganisation von meist metropolitaeren (London, Berlin)
Funkdatennetzwerken unter Verwendung von modifizierten Kaufartikeln (z.B.
Apple Airport) und Funkantennen, die im Verfahren des Do-It-Yourself
entwickelt wurden. Das Projekt "Urban Diary" projizierte von 15. November
2001 - 22. Januar 2002 SMS-Tagebucheintraege auf Leinwaende auf dem
U-Bahnhof Alexanderplatz Linie U2; Blinkenlights vom CCC (Chaos Computer
Club) um-funktionierte 2002 gleich die halbe Architektur des "Haus des
Lehrers" in Berlin zu einem Pixeldisplay fuer Nachrichten & Grafiken
anonymer User; die Gruppe nanoloop programmierte Cartridges mit einem
Sequenzerartigen Interface ("real-time Game Boy sound editor") fuer Game
Boys der ersten beiden Generationen zum Musikmachen.

Die genannten Beispiele sind stark eventorientiert und bewegen sich, so
koennte eine Kritik lauten, stark im temporaeren Feld des Exemplarischen.
Wobei sie zwar die Potenziale ihrer jeweiligen Umstrukturierung von
Gegebenem ausspielen, aber im Einfluszbereich des Utopischen bleiben. Das
Utopische ist hier die eingeloeste Fantasie einer techno-sozialen
Umsetzung eines Konzepts (Realisierung), die sich als "futuristisches
Phantasma" in die entwickelte Realisierung eingeschrieben hat, weil ihre
Realisierung zeitlich und strukturell begrenzt bleibt.

Bezogen auf sich mit technischen Standards und ihrer Einbindung in globale
Wertungschoepfungsketten veraendernde Begrifflichkeiten des Sozius
(Netzwerkgesellschaft, Informationalismus, Public Domain) ist es daher
interessant, mit kritisch zu entwickelnden Modellen des Heterotopischen
der Spiele-Intervalle zu operieren, die auf eine vordergruendige
Realisierung zunaechst verzichten und mit einer 'Analyse ihrer Fantasie'
und quasi einer Dialyse ihrer Fantasie vom Phantasma arbeitet, d.h eine
divisionistische Taktik anwendet.

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Last modified: So., 02.02.2003 22:05